Perchtenverein Großarl
An Fried, an Reim & an Gsund
Dass die Einheimischen des Großarltales mit den Traditionen und dem Brauchtum tief verwurzelt sind, ist vielen bekannt. Darum passt es natürlich genau in unser Tal, dass eine Gruppe von Großarlern sich entschlossen hat, das alte Perchten Brauchtum wieder aufleben zu lassen.
Nach zahlreichen Recherchen in Landesarchiven, Chroniken, diversen Internetplattformen und Überlieferungen sind sie fündig geworden. Sie haben Informationen über das Perchten Brauchtum in Großarl gefunden. Daraus geht hervor, dass die Perchten 1846 das erste Mal in Großarl erschienen sind. Danach fanden sie fast jährlich Zeitungsberichte, in denen über die Perchten berichtet wurden. 1911 wurde die letzte Aufzeichnung darüber gefunden. Das sollte aber nicht das Ende der Perchten sein. Denn nach einer langen Pause, wird der Brauch nun wieder belebt.
2020 wurde der Perchtenverein Großarl gegründet. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, an alten Traditionen festzuhalten und das Brauchtum nicht zu verkitschen. Somit gehen sie mit dem Perchtenumzug wie schon vor hunderten von Jahren nur am Thomastag, den 21. Dezember von Hof zu Hof. Dieser Tag ist ein ganz Besonderer, denn er ist der kürzeste Tag des Jahres und die Thomasnacht ist die erste der Raunächte.
Um an alten Traditionen festzuhalten, sind nur Männer im Verein und unter den Masken und Kostümen. Denn auch früher zogen nur die Knechte als Perchten verkleidet von Hof zu Hof um „An Fried, an Reim & an Gsund“ zu wünschen und sicherten sich damit eine Verpflegung.
Die Gewänder und Kostüme wurden zum Teil selbst gemacht. Die originalen Überröcke der Schönperchten Damen wurden von Bäuerinnen aus dem Großarltal gespendet. Auch Schiachperchten Masken, die zum Teil bis zu 80 Jahre alt sind, wurden von Großarlern gespendet. Die neu geschnitzten Masken wurden auf alt von Rupert Kreuzer „Astei“ in mühevoller Handarbeit geschnitzt und von Gerhard Seer „Brettei“ mit viel Liebe zum Detail bemalt.
In diesem Jahr geht der Perchtenverein Großarl zum zweiten Mal am 21. November 2022 von Hof zu Hof. Ihr Ziel ist es, allen Bauernhöfen in Großarl „An Fried, an Reim & an Gsund“ zu wünschen. Deshalb gehen sie jedes Jahr in einem anderen Ortsteil. Da es in Großarl viele Bauernhöfe gibt, wird es ca. 10 Jahre dauern, bis sie überall waren.
Die Mitte dreißig Mitglieder des Perchtenvereines sind aus Großarl und Hüttschlag und sind zwischen 18 und 60 Jahre alt. Alle Mitglieder schlüpfen an diesen Tag voll in ihre Rolle. Die meisten Figuren tauchen bereits in den Überlieferungen auf, doch es sind auch neue dazu gekommen die zur Geschichte des Großarltales passen. Die Anzahl der Personen beim Umzug ist immer eine gerade Zahl, da es sonst Unglück bringt soll.
Aufstellung vom Perchtenzug
Jede Gestalt des vom Perchtenverein Großarl hat eine besondere Bedeutung und Aufgabe. Es gibt eine eigene Reihenfolge und zum Teil spezielle Sprüche. So sieht der Zug aus:
Voran geht Hanswurst, der mit dem Schnalzen der Peitsche den Perchtenzug ankündigt.
Direkt darauf folgen die Schiachperchten, die mit ihren lauten Glocken und Schellen das Böse vertreiben. Mitten darunter findet man auch die Hexen, sie treiben Unfug und bringt Leben in den Perchtenzug. Mit ihren Besen kehren sie das Böse vom vergangenen Jahr weg.
Der Putzwaul ist eine Sagengestalt, die im ganzen Großarltal bekannt ist. Zwar weiß keiner, wie er wirklich aussieht, doch jeder kennt Erzählungen und Geschichten von ihm. Den Kindern wurde früher erzählt, dass sie bei Einbruch der Dunkelheit nach Hause kommen sollten, denn sonst würde sie der Putzwaul holen.
Eine Figur, die es so auch nur im Großarltal gibt, ist der Kupfergeist. Denn vom 14. bis zum 19. Jahrhundert wurde in Hüttschlag Kupfer abgebaut. Den Sagen nach überlieferten die Bergknappen seltsame Geschichten über einen Kobold, dem Sie dem Namen Kupfergeist gegeben haben. Mit dem Spruch: „Fahr nit ei(n), kann nit sei(n), bleist ewig drei(n)!“ warnte er früher die Bergleute und versuchte so, „sein“ Kupfer vor ihnen zu schützen. Und den gleichen Spruch hört man auch am Thomastag vom Kupfergeist immer wieder.
Der Sündenbock nimmt den Bauersleuten die Sünden und räuchert rund ums Haus, damit das Leben für sie im neuen Jahr leichter wird.
Auch der Tod darf beim Perchtenumzug nicht fehlen. Er steht für das Vergängliche und für den Lauf des Lebens. Er soll daran erinnern, dass er immer gegenwärtig ist und wünscht den Bauersleuten noch viele Lebensjahre.
Der Übergang von den Schiach- zu den Schönperchten im Perchtenzug ist die Perchta. Sie vereint Gut und Böse in einem. Sie ist eine zweigesichtige Figur: auf der einen Seite die Schöne und auf der anderen der Teufel.
Die Schönperchten werden vom Hauptmann angeführt. Er hält die Ansprache, gibt den anderen Schönperchten die Anweisungen und wünscht den Bauersleuten „An Fried, an Reim & an Gsund“ (Frieden, Glück und Gesundheit). Gleich nach ihm marschieren die Musikanten, die den Perchtenzug musikalisch begleiten und zum Tanz aufspielen. Zu den Schönperchten gehören vier Tafelträger, die gemeinsam mit den Damen in den traditionellen Überröcken (Männer in Frauentracht) gehen.
Die Tafelträger haben besondere Kronen auf, die jeweils eine eigene Bedeutung haben. So steht Hubertuskrone für die gesamte Jägerschaft und wird zu Ehren des Hl. Hubertus getragen. Die Erntekrone soll Zeichen für ein gutes Erntejahr sein. Eine Krone zeigt das Großarler Wappen mit der Erle. Die Erle soll die große Bedeutung der Holzindustrie des Tales zeigen. Weiteres sollen die Wurzeln der Erle die Bodenverbundenheit der Talbewohner zeigen und die Blätter den Kinderreichtum Großarls. In diesem Jahr neu dazugekommen ist die Handwerkskrone, zum Schutz für alle Handwerker und Handwerksbetriebe.
Die Tafelperchten erweisen den Bauern ihre Referenz indem sie sich verbeugen. Anschließend spielen die Musikanten zum Tanz auf und die Überrockdamen tanzen dazu.
Mit dem Spruch „Liabe Bauersfrau, i bins de Sau. Wann i hob gnuag zum Fressen, wiascht ench des Glück nit vagessen!“ wünscht die Sau Glück für das neue Jahr.
Seit 2022 ist der Hahn mit dabei. Er soll die Hühner und anderes Geflügel am Hof beschützen. Er gackert und kräht und übergibt den Bauersleuten ein Ei, als Symbol für das neu entstehende Leben.
Die fast vier Meter hohe Habergoaß ist ein mürrisches Wesen, dass vom ihrem Goaßtreiber in Zaum gehalten werden soll. Das ist aber keine leichte Aufgabe. Mehr von der Habergoaß lest ihr hier.
Werkzeug und vieles mehr hat der Umtrager in seinem Rucksack. Damit wanderte er von Hof zu Hof um es zu Verkaufen.
Die Alte Wacht wurde früher als Mautstelle an der Gemeindegrenze zwischen St. Johann im Pongau und Großarl errichtet. Somit konnte niemand hinaus oder hinein, ohne dort vorbeizukommen. Somit konnte nichts geschmuggelt werden. Aus diesem Grund ist die Figur des Zöllners entstanden. Heute nimmt er die freiwilligen Spenden an. Die der Perchtenverein an Familien im Großarltal spendet, die vom Schicksal getroffen wurden und Unterstützung benötigen.
Die Gutfrau gilt als Spenderin der Fruchtbarkeit. Sie trägt eine Puppe mit sich, die sie den Frauen zuwirft. Diejenige die von der Puppe getroffen wurde, so sagt man nach alten Überlieferungen hat ein fruchtbares Jahr vor sich.
Mit seinem rußgeschwärzten Gesicht darf der Kaminkehrer natürlich als Glücksbringer beim Perchtenzug nicht fehlen. In Großarl gibt es etwas ganz Besonderes: denn der Kaminkehrer ist nicht nur als solcher verkleidet, sondern auch wirklich ein Kaminkehrer aus dem Großarltal.
Der letzte im Perchtenzug ist der Nachtwächter, er sorgt nachts für Sicherheit und Ordnung im Tal.
2023 marschiert der Perchtenverein Großarl am 21. Dezember im Ortsteil Au zu einigen Höfen. Von 08.30 Uhr bis 17.30 Uhr sind sie zu Fuß unterwegs um den Bauern und Baurinnen „An Fried, an Reim & an Gsund“ zu wünschen.
08.30 Uhr: Poitgrün
09.00 Uhr: Lainholz
10.00 Uhr: Maixn
11.30 Uhr: Fischbacher
12.15 Uhr: Bretteneben
12.45 Uhr: Aubauer
14.30 Uhr: Salzleck
15.00 Uhr: Eihof
15.30 Uhr: Rindbichl
16.15 Uhr: Vorderschied
16.45 Uhr: Unterschied
17.15 Uhr: Oberschied
Ein sehr schöner Bericht!
Ist der Thomastag nicht der 21. DEZEMBER?
Ich wünsche allen Beteiligten und Besuchten viel Spaß.
Hallo Ulrike, danke dir – es ist natürlich der 21. Dezember! Bessern wir gleich aus.
Ein schönes Brauchtum.
….sind nur Männer im Verein und unter den Masken und Kostümen.
Dann wollen wir mal hoffen, das nicht irgend eine Hirnverbrannte ihre Gleichberechtigung einklagt.
Sehr tolle traditonelle Schiachperchten-Masken, …. um vieles “schöner” als die verunstalteten “Metzgerfratzen” die mit Tradition nicht´s zu tun haben.
Grüße aus BW
Manuela Unsöld
Liebe Christiane Pirnbacher,
ich danke für diesen großartigen Bericht über die Geschichte der Perchten und Erläuterungen zu den einzelnen Figuren. Dazu kommt die wirklich tolle Bebilderung.
Meine Frau und ich haben den Umzug in diesem Jahr miterleben dürfen und waren am Moar Gut. Es war ein Erlebnis zischen Spannung, Überraschung und Freude. Wir danken allen Teilnehmern für die beeindruckende Inszenierung. Alle Figuren haben ihre Darstellung überzeugend dargeboten. Ein prächtiges Schauspiel. Das Großartal kann stolz auf diese Truppe sein. Wir dachten zunächst, dass der Zöllner Spenden für die Männer zum Umtrunk sammelt – kann ich gut unterstützen. Bin ja nun darüber informiert, dass Familien unterstützt werden. Daran werde ich im nächsten Jahr besonders denken.
Ich habe mir erlaubt, Ihren Bericht für unsere Freunde aufzuarbeiten. Ich habe alle Daten so belassen und nur die Bilder vergrößert. So ist eine 10-seitige PDF-Datei entstanden.
Ich danke Ihnen und dem sehr netten Team im Tourismusbüro in Großarl für Ihr Engagement. Gerne lese ich die Berichte und Information. So sind übers Jahr meine Gedanken oft im Großartal. Wir freuen uns schon jetzt wieder auf die nächsten Tage im Großarltal.
Mit herzlichen Grüßen zum Jahresende und mit besten Wünschen für einen guten Start ins Jahr 2023. Michael&Monika Riemer aus Düsseldorf
Ich durfte den Perchtenlauf heuer ebenfalls live erleben und auch mit der Kamera begleiten. Das Video sowie Fotos sind auf meiner Homepage http://www.krampusvideos.at anzusehen 🙂
Es ist toll, wenn längst vergessene Traditionen wiederbelebt werden, und noch dazu in der Ursprünglichkeit von einst! Hat mit sehr sehr gut gefallen!
Grüße aus dem Gasteinertal
Stefan Schmid